Rellingen - Allerlei

100 Jahre Bäume von Schmidt

Erschienen in der Pinneberger Zeitung am 2. September 2004,
von Rainer Burmeister;
Jubiläumsschrift der Firma Rudolf Schmidt

100 Jahre Bäume von Schmidt

Jubiläum: Was 1904 in Rellingen wuchs, blüht jetzt in Halstenbek.

Halstenbek/Rellingen – Was gibt es im Park des Versailler Schlosses ebenso wie im Präsidentenpalast von Turkmenistan und im Garten des Bundeskanzleramts in Berlin? Bäume aus der Halstenbeker Euro-Baumschule Rudolf Schmidt! Seit 100 Jahren existiert das Unternehmen der grünen Zunft, und während in der Umgebung viele Baumschulen aufgeben mussten, steht Schmidts Betrieb in voller Blüte und sorgt mit 136 Mitarbeitern für kontinuierliches, aber behutsames Wachstum.

„Wir haben nie auf schnelle Expansion gesetzt“, beschreibt Betriebsinhaber Günther Schmidt, der auch mit 88 Jahren noch täglich im Unternehmen anzutreffen ist, das Erfolgsrezept. Seit 1938 leitete er den 1904 von seinem Vater Rudolf Schmidt gegründeten Betrieb gemeinsam mit seinem 1985 verstorbenen Bruder Otto. In nur zwei Generationen wurde das 100jährige Bestehen der Baumschule erreicht. Auch ein Zeichen für Ausdauer. Doch eine dritte Generation Schmidt wird es im Unternehmen nicht geben. Denn die Nachkommen beider Brüder fanden nicht den Zugang zur Baumschulwirtschaft. Deshalb verpachtete Günther Schmidt 1989 im Alter von 75 Jahren die Baumschule an seine langjährigen Mitarbeiter und jetzigen Geschäftsführer Kurt Schwardt und Eckart Zölffel.

Gegründet hatte Rudolf Schmidt die Baumschule auf einem halben Hektar Land am Ellerbeker Weg in Rellingen. Dort steht auch das Geburtshaus von Günther und Otto Schmidt. Derzeit dient der Backsteinbau als provisorisches Jugendzentrum.

1919 wurde der Betrieb an die Hauptstraße im Rellinger Ortskern verlagert. Der Umzug nach Halstenbek folgte 1977. Und damit erst wurde es möglich, die Ortskerngestaltung Rellingens in Angriff zu nehmen. Auf Schmidts früherem Grundstück entstand Rellingens neues Zentrum rund um den Arkadenhof.
Bereits seit 1924, als der Pflanzenexport nach Skandinavien und England sich entwickelte, wurden südlich der Bahntrasse Anbauflächen in Halstenbek erworben. Dort ist jetzt der Hauptsitz des Unternehmens.

Mit Kleinkram hat sich die Firma Schmidt nicht lange abgegeben. Hochbäume aller gängigen Art wurden und sind das Markenzeichen des Unternehmens. Auf 135 Hektar Anbaufläche gedeihen die stämmigen Inland- und Exportartikel, sei es als Ballen- oder Containerware. Den Weg zum Kunden treten Eiche, Linde Ahorn, Esche und Co. meist erst dann an, wenn sie eine Höhe von fünf Metern und mehr erreicht haben.

Bereits 1969 wurde die Bezeichnung Euro-Baumschule in den Firmennamen aufgenommen. Das hatte nichts mit der Politik oder der Währung zu tun. “Damit sollte die Bedeutung des Unternehmens für den Pflanzenhandel in Europa unterstrichen werden”, sagt Günther Schmidt. Etwa 25 Prozent der Ware geht in den Export, davon wiederum fast 30 Prozent nach Frankreich. England und Skandinavien sind auch bedeutende Geschäftspartner; erst kürzlich gingen mehrere Lkw-Ladungen mit Bäumen nach Moskau. Als Großhandel beliefert Euro-Schmidt – so der Branchenname – je zur Hälfte öffentliche und private Auftraggeber, darunter vor allem Garten- und Landschaftsbaubetriebe.

Der 100. Geburtstag wird morgen mit der gesamten Belegschaft und vielen Ehrengästen im “Rellinger Hof” gefeiert – nur wenige 100 Meter von der Keimzelle des Unternehmens entfernt.
 


Jubiläumsschrift 100 Jahre Euro-Baumschule Rudolf Schmidt 1904-2004
Chronik der Euro-Baumschule Rudolf Schmidt
Die vom schottischen Gärtner James Booth geleitete Baumschule des Barons C. v. Voght in Klein-Flottbek führte zur Entstehung des Baumschulengebiet im Kreis Pinneberg. In diesem Betrieb wurden auch die ersten Baumschulgärtner ausgebildet.
Durch Vertragsanbau entstanden um 1850 zunächst drei Baumschulen in Halstenbek und Rellingen. Der wachsende Bedarf an Gehölzen von Städten und Gemeinden und der weitere Ausbau des Straßen- und Schienennetzes begünstigte diese Entwicklung. So kam es zur Gründung weiterer Baumschulen in der Region und auch der Baum schule Rudolf Schmidt 1904 in Rellingen.
Der 1883 geborene Rudolf Schmidt erhielt in der seit 1870 bestehenden, damals sehr bekannten Baumschule J. F Müller seine gärtnerische Ausbildung. Nach Lehr- und Wanderjahren im In- und Ausland machte sich der 21-jährige Rudolf Schmidt am 1. September 1904 mit einem halben Hektar Land am Ellerbeker Weg in Rellingen selbstständig. Es begann mit Rosen, Wildlingsanzuchten und Forstpflanzen. Die Vermittlung von Pflanzen brachte zusätzlich Geld; das Baumschulgeschäft lief. Fleiß und Energie zahlten sich aus, der lange Arbeitstag des passionierten Frühaufstehers trug Früchte.
So konnte vier Jahre nach Betriebsgründung geheiratet werden. Anna Schmidt, geborene Warncke, war der gute Geist der Familie. Otto (1910), Günther (1915) und Senta (1920) wurden geboren. Als Frau und Mutter war Anna Schmidt ausgleichendes Element, sie hatte großen Anteil am Erfolg des Unternehmens.

Foto: Geburtshaus von Otto und Günther Schmidt.
Bis zum 1. Weltkrieg entwickelte sich die Baumschule Rudolf Schmidt zu einem florierenden Betrieb mit 16 Hektar Anbaufläche. Der Export, insbesondere nach Skandinavien und in das kaiserliche Rußland, für damalige Zeiten ungewöhnlich, wurde zum Hauptumsatzträger. Rudolf Schmidt war hier Vorreiter. Seine während der Wanderjahre geknüpften Verbindungen erwiesen sich dabei als sehr nützlich. In der Kriegszeit 1914- 1918 kam es dann zwangsläufig zum verstärkten Anbau von Getreide und Gemüse zu Lasten der Baumschulkulturen.
Der wirtschaftliche Erfolg ermöglichte 1919 den Umzug in die Geschäftsgebäude an der Hauptstraße im Ortskern von Rellingen. Als Folge des Krieges verschlechterte sich die Lage, nicht nur für die Baumschulen, sondern ganz allgemein, und erreichte im Inflationsjahr 1923 einen negativen Höhepunkt. Für die exportorientierte Baumschule Rudolf Schmidt war der Verlust wichtiger Absatzgebiete im Osten besonders schmerzlich.
Mit der Einführung der Rentenmark im Oktober 1923 besserte sich die Lage. Der verstärkten Nachfrage wegen wurden für die Anzucht von Obstbäumen in Bantin bei Zarrentin im benachbarten Mecklenburg 45 Hektar dazugepachtet, 1935 aber wieder aufgegeben als der Marschhof Tatenberg auf Hamburger Staatsgebiet mit 90 Hektar erworben und für die Obstbaumanzucht eingerichtet wurde.

Foto: Anfang: Betrieb Halstenbek 1925.
Foto: Ein Teil der Mitarbeiter 1934.

Rudolf Schmidt hat sich zeitlebens für die Allgemeinheit und den Berufsstand eingesetzt. So hat er 1907 den Bund deutscher Baumschulen mitbegründet, war lange Jahre Vorsitzender des Schiedsgerichts des BdB. Als Gemeindevertreter hat er in der eigenen Gemeinde tatkräftig mitgearbeitet. Er war als leidenschaftlicher Jäger und Autofahrer bekannt.
Auch die Baumschule Rudolf Schmidt profitierte vom beginnenden Aufschwung in den 20er Jahren und von dem langsam wieder anlaufenden Pflanzenexport nach Skandinavien und vor allem nach England. So konnten 1924 in Halstenbek, dem heutigen Hauptstandort des Unternehmens, 25 Hektar erworben werden. 1926 begann dort auch die Ausbildung von Lehrlingen im Außenbetrieb, Die Baumschule wurde in den Folgejahren zu einer begehrten Ausbildungsstätte für junge Gärtner aus dem In- und Ausland. Ab 1935 wurden dann auch kaufmännische Lehrlinge im Büro aus gebildet. Mit tatkräftiger Unterstützung vieler langjähriger Mitarbeiter entwickelte sich die Baumschule Rudolf Schmidt zu einem der führenden Betriebe. Die Prokuristin Fräulein Brix, die Obergärtner Hofmann und Höse sowie Gärtnermeister Lathus sollen hier stellvertretend für viele andere genannt werden.
Die Söhne Otto und Günther, die beide den Beruf des Vaters erwählt hatten, waren maßgeblich am Betriebsgeschehen und Betriebserfolg beteiligt. Nach der Gärtnerlehre bei Gebr. Heinsohn, Wedel, und dem Besuch von Sprachschulen in London und Stockholm arbeitete der ältere Bruder Otto von 1929 an im Betrieb, wobei die Reisetätigkeit im In- und Ausland überwog. Günther erhielt seine Ausbildung bei L. Späth in Ketzin, 0. Stephan in Brockwitz bei Dresden und im eigenen Betrieb in Rellingen. Es folgten Gehilfenjahre in Deutschland, Holland und England und 1938/39 das Studium an der Lehr- und Forschungsanstalt in Berlin-Dahlem (bei Prof. Maurer)
Betriebsfahrzeuge Hauptbetrieb Rellingen 1932.
1938 wurden Otto und Günther Schmidt Mitinhaber und der Unternehmungsgeist und die Tatkraft von Inhabern und Mitarbeitern machten die Baumschule Rudolf Schmidt zu einem Begriff in der Branche. Das Anzuchtprogramm wurde ausgeweitet, der Export steigerte sich. Da begann 1939 der 2. Weltkrieg, beide Junior-Chefs wurden zum Kriegsdienst einberufen, der Senior Rudolf Schmidt hatte wieder die Gesamtlast des größer gewordenen Betriebes zu tragen. Trotz der schweren Kriegsjahre fanden die Söhne nach ihrer Rückkehr 1945 eine immer noch funktionierende Baumschule vor.
Foto: Eröffnung des Rosenfestes vor dem Hauptgelände Rellingen 1933.
Der Wiederanfang nach Kriegsende war nicht leicht. Durch Auflagen der Militärregierung mußte der größte Teil der Gehölzbestände zu Gunsten des Anbaus von Gemüse geräumt werden. Nach Aufhebung der Beschränkungen ging es dann wieder aufwärts. Die Sortimente wurden, auch mit Neueinführungen, weiter ausgebaut, drei- bis sechsmal verpflanzte Alleebäume sowie Solitärpflanzen in das Kulturprogramm aufgenommen. Dem Trend entsprechend folgten in neuerer Zeit Bäume und Solitärgehölze in Großcontainern.
Foto: Mitarbeiter aus Schlesien 1931.
Auch die berufsständische Arbeit nahm nach Kriegsende wieder Formen an. Unter Beteiligung von Günther Schmidt erfolgte im September 1945 die Wiedergründung des BdB. Die ehrenamtliche Mitarbeit in Ausschüssen und Fachausschüssen war für Otto und Günther selbstverständlich. Sie hatten viele Funktionen im Berufsverband, auch als Ausschußvorsitzende. Schwerpunkte waren Markt- und Qualitätsfragen, Wirtschaftspolitik, Außenhandel und die Berufsausbildung. Otto Schmidt machte sich außerdem als langjähriger Schatzmeister um den BdB und den Landesverband Schleswig-Holstein verdient. Günther Schmidt war seit 1966 Mitglied des Bewertungsbeirates Gartenbau beim Bundesfinanzministerium. Als Mitglied des Gemeinderates in Rellingen und des Pinneberger Kreistags engagierte er sich wie sein Vater für die Allgemeinheit.
Die Baumschule Rudolf Schmidt verfügte 1953 über 60 Hektar Baumschulfläche und 80 Hektar landwirtschaftliche Nutzflächen als Tauschland. Der Personalbestand war auf etwa 100 ständig beschäftigte Mitarbeiter angewachsen. Der Firmengründer Rudolf Schmidt scheidet mit 70 Jahren aus dem Arbeitsleben aus und übergibt den Betrieb an seine beiden Söhne Otto und Günther.
Foto: Betriebsgelände Rellingen.
Foto: Während der Versandzeit.
Die Firmenbezeichnung „Euro-Baumschule Rudolf Schmidt“ wird 1969 handelsgerichtlich eingetragen. Damit wird die Bedeutung des Unternehmens für den Pflanzenhandel in Europa unterstrichen. Von Anfang an im Außenhandel engagiert, ist der Export von Baumschulpflanzen inzwischen auf etwa 25 Prozent des Umsatzes angestiegen.
Der Firmensitz mit der Verwaltung wird 1977 aus der beengten Ortslage in Rellingen in den bestehenden Betrieb in Halstenbek verlegt, um zukünftig noch wirtschaftlicher und schneller arbeiten zu können. Inmitten der 80 Hektar arrondierter Baumschulfläche liegen jetzt Büro- und Verwaltungsgebäude, Lager- und Versandhallen, der Einschlag, Lade- und Versandeinrichtungen sowie Werkstätten und Geräteschuppen zusammen.
Mit dem 75-jährigen Betriebsjubiläum 1979 scheidet Otto Schmidt aus Altersgründen aus und Günther Schmidt wird Alleininhaber. 1989 erfolgt die Verpachtung des Unternehmens an die langjährigen Mitarbeiter Kurt Schwardt und Eckart Zölffel.
Zum 100-jährigen Jubiläum im September 2004 präsentiert sich die Euro-Baumschule Rudolf Schmidt auf europäischem Markt unverändert als leistungsfähiger Lieferant und Ansprechpartner für den gesamten Gehölzbereich.
Das wird auch in Zukunft so bleiben.
Foto: Gesamt-Betrieb Rellingen 1978.
Foto: Kurt Schwardt
Foto: Eckart Zölffel

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