Rellingen. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich im Jahre 1913 das Gerücht, bei Stawedder- Kröger wolle ein Flieger aufsteigen. Darob war weit und breit große Aufregung. Denn das Gerücht stimmte: Das Flugzeug des im Jahre 1911 nach Hamburg gekommenen Wilhelm Krummsiek, der damals schon im Besitz des internationalen Piloten- Patents war, stand auf der Wiese von Stawedder- Kröger, etwa da, wo heute das Wohnhaus und Verwaltungsgebäude von Autohof Reimers ist. Wie haben wir damals vor 50 Jahren den Riesenvogel (einen Grade- Eindecker) bestaunt und wie einfach war er doch gegenüber den heutigen Giganten. Der Führersitz war federnd eingebaut, aber ohne Schutz gegen Witterung und Fahrtwind. Die Beine fanden Halt auf der die beiden Laufräder verbindenden Achse. Sehr primitiv war der Steuerknüppel für die Höhen- und Seitensteuerung und die Motorbedienung. Uns kam es trotzdem als Wunder der Technik vor. Stundenlang dauerten die Vorbereitungen zum Flug. Schließlich war aber doch der große Augenblick gekommen, der Motor lief, schnell wurde nochmals alles überprüft, dann nahm Krummsiek im Sitz Platz, ein kurzes Anschieben, ein längerer Anlauf, und schon erhob sich der stolze Vogel in die Lüfte und entschwand in Richtung Egenbüttel- Ellerbek. Nach etwa zehn Minuten war das Motorengeräusch wider zu vernehmen. Von der Thesdorfer Bahnseite erschien der Flieger, streifte fast die Telefon- und Lichtleitung und setzte nach einer kurzer Schleife recht hart auf. Es war eine Meisterleistung, bei den Längs- und Quergräben der Wiese ohne nennenswerten Bruch zu landen. Etwas geschah jedoch immer, einmal wurde ein Hund überfahren, ein andermal rissen die Verstrebungen der Flügel oder ein Propeller zersplitterte. Über alle drei Flüge berichtete der Chronist schon damals im Pinneberger Tageblatt. Besonders eindrucksvoll war der dritte Flug, diesmal von der Wiese rechts der Chaussee, heute Baumschulland von C.Brinkmann. Es herrschte eine ziemlich rauhe Witterung und der Start war schon abgesagt. Da aber Krummsiek augenscheinlich die vielen Besucher nicht enttäuschen wollte, wurde der Motor angeworfen; erst nach vielen vergeblichen Versuchen sprang er an. Dann glückte ein glatter Start, kurz vor der Eisenbahnlinie hatte die Maschine genügend Höhe, Krummsiek wendete und flog im großen Bogen nach Osten, dann verstummte der Motorenlärm. Plötzlich tauchte der Vogel in nördlicher Richtung auf, stand als schwarze Silhouette vor dem Pinneberger Wald, eine große Schleife führte zum Startplatz, der überflogen wurde, dann wendete der Führer, um gegen den Wind seine Maschine auf das “Wiesen- und Ackerrollfeld” zu setzen. Genau 13 Minuten hatte der Flug gedauert, die Geschwindigkeit betrug etwas über 70 Kilometerstunden. Ein nochmaliger Versuch misslang leider. Wohl für alle, die den Schauflügen beiwohnten, war es damals ein ganz besonderes Erlebnis. Wilhelm Krummsiek kam 1911 nach Hamburg. Sein erstes Flugzeug kostete 12 000 Goldmark, aber für Versuchszwecke waren schon 100 000 Mark draufgegangen. 1912 startete er vom Flugplatz Bahrenfeld nach Wandsbek, im Herbst von Bahrenfeld nach Fuhlsbüttel. Er wurde Chefpilot, Fluglehrer und Einflieger bei den Hanseatischen Flugzeugwerken. Krummsiek startete über 80.000mal und bildete über 1.000 Flugschüler, darunter Christiansen, Udet und mehrere Pour- le- merite- Flieger aus. Noch 1953 taufte Krummsiek, der im Altersheim Groß- Borstel seinen Lebensabend verbrachte, das Segelflugzeug Grunau Baby 3b auf den Namen “Wandsbek
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